13.09.2017, Mittwoch, 20:00 Uhr

Vortrag von Prof. Dr. Karl Richter, Saarbrücken

Eintritt frei

Poesie und Naturwissenschaft in Goethes Altersgedichten

Erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde erkannt, wie neuartig, ja in manchem modern Goethes Alterswerk ist. Am Beispiel seiner Alterslyrik will der Vortrag zeigen, wie viel die naturwissenschaftlichen Orientierungen Goethes dazu beigesteuert haben: als Inspirationsquelle poetologischer Strategien, als Voraussetzung charakteristischer Formen literarischer Bildlichkeit, als Beitrag zur Formulierung von Zeitkritik.

Ausblicke auf das naturwissenschaftliche Werk werden bereits von da aus zentrale Paradigmata der Beziehung von naturwissenschaftlicher Theorie und poetologischer Reflexion beleuchten. Dann aber stehen vor allem die Gedichte selbst im Mittelpunkt der Betrachtung: mit Texten aus dem "West-östlichen Divan", den "Chinesisch-Deutschen Jahres- und Tageszeiten", den "Dornburger Gedichten" und der "Trilogie der Leidenschaft". Zu zeigen ist, wie viel die Gedichte Goethes seiner Naturforschung oft gerade auch dort verdanken, wo sie 'reine Lyrik' scheinen, die auf solche Zusammenhänge kaum schließen lässt.

Die Ausführungen verstehen sich als Beitrag zu einer inneren Einheit des Goethe-Werks, die man verfehlt, wo Dichtung und Naturwissenschaft als je andere Bereiche seines Schaffens strikt voneinander getrennt werden. Die produktive Vernetzung der Schaffensbereiche verdankt sich dabei auch einem Kulturverständnis, dem die weitesten weltliterarischen Bezüge so selbstverständlich sind wie die Einbeziehung der Naturforschung in den Bereich von Kultur. Die Weite dieses Kulturverständnisses macht einen nicht unwesentlichen Teil auch der heutigen Aktualität des Goethe-Werks aus.

Karl Richter


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