04.06.2018, Montag, 19:30 Uhr
Vortrag

Im Warschau des Jahres 1922 reflektierten jiddische Dichter der avantgardistischen Zeitschrift Albatros ihr "Umherirren in verschiedenen Zentren ihrer jüdischen Exterritorialität". Damit beklagten sie, den Begriff wortwörtlich denkend, ihre zerstreute jüdische Existenz außerhalb eines eigenen Territoriums. Fünf Jahre später, als 1927 die staatenlose jiddische Literatur Mitglied des Internationalen PEN-Clubs wurde, erfuhr diese existenzielle Exterritorialität eine kühne aufwertende Umdeutung in der Wortschöpfung 'Jiddischland'. Die Bürger von Jiddischland teilten einen transnationalen Denk- und Lebensmodus und entwarfen ein völkerübergreifendes Bild von Europa, das nicht den Vorstellungen der herrschenden Nationalstaaten entsprach. Ihre Wortrepublik war ein kosmopolitischer Entwurf, der Jiddischsprechende weltweit vereinte und dessen Modernität noch heute atemberaubend ist.

Eintritt frei


Teilen auf: